Über eine Million Alben
verkauften Starsailor vom intensiv lodernden
Debüt "Love Is Here" | (c) Virgin |
Wäre nicht ihre Musik, sie wären wohl die
unauffälligste Band der Gegenwart. Wie Uhrmacher
gekleidet, solides Familienleben und auch beim
Dienst auf den Bühnen dieser Welt: nur kein
flackerndes Charisma. Alleine die Glut der Musik
des aus dem nordwestenglischen Anger Chorley
stammenden Quartetts hebt sie über all jene
Kollegen hinaus, die an sich glauben als Wunder,
das sich selbst erschafft.
Über eine Million Alben
verkauften Starsailor vom intensiv lodernden
Debüt "Love Is Here", der schnell eingespielte
Nachfolger "Silence Is Easy" brachte es
ebenfalls locker zu Platinstatus. Bloß, man
sieht es dem Quartett einfach nicht an. Mit
ehrlichem Interesse schauten sie sich am
Bühnenrand des Kölner Gloria-Theaters ihre
Vorgruppe an. Beflissen schrieben die vier
jungen Männer Autogramme, schütteln ihren Fans
ungelenk die Hände. Der Kometenschweif des Ruhms
hat sie nicht vom Kurs gebracht. Für ihr eben
ediertes drittes Album "On The Outside" haben
sich die blassen Briten auf Geheiß ihres neuen
Produzenten Rob Schnapf (Elliott Smith, Beck)
nach L. A. verfügt. Es wurde hart daran
gearbeitet den euphorisch-elegischen Sound der
Band zu erweitern. Die glühende Stimme von James
Walsh dominiert nach wie vor. Was sich verändert
hat, ist das Verhältnis zwischen Klavier und
Gitarren, die entrückt wie nie zuvor gezupft
werden.
Auch lyrisch ist eine
signifikante Neupositionierung auszumachen.
Texter James Walsh hat sich der ganzen Welt
angenommen. Mit viel Lichtmetaphorik werden in
drängenden Liedern wie "In The Crossfire",
"Counterfeit Life" und "White Light" Probleme
einer zur Gewalttätigkeit neigenden Gesellschaft
aufgefächert. Auf den schweren
Gitarren-Teppichen von "Faith Hope Love" wälzt
sich Modernitätsmüdigkeit. Und wenn man Glück
erfährt, wie in der Ballade "I Don't Know", kann
es gar nicht richtig gewürdigt werden, weil man
weiß, dass im Leben, wo Liebe die eigentliche
Währung ist, nichts gratis ist. Und so wünschen
sich Starsailor, dass die Seele an den
Schwierigkeiten wächst, etwa im
klaviergetriebenen "This Time", wo mutig gegen
die eigene Depression rebelliert wird. Im vollen
Gloria-Theater geriet die Band schnell in
Emphase, erfreute mit pathosfreiem Ernst.
Und James Walsh? Er führte sein
weiches Herz durch die harte Welt, sang zwischen
Ekstase und Bedauern. Zuweilen stellte sich, wie
im dramatischen "Jeremiah", Zorn ein. Das Lied
zeichnet das Schicksal des britischen Studenten
Jeremiah Duggan nach, der von deutschen
Rechtsradikalen umgebracht wurde. Es markiert
Starsailors Abschied von der Privatidylle.
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